Die Stadt Frankenberg/Sa. soll künftig den Beinamen „Garnisonsstadt“ tragen. Mittels einer namentlichen Abstimmung (15 Ja-Stimmen, 6 Nein-Stimmen sowie 1 Enthaltung) beauftragte der Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung den Bürgermeister, beim Sächsischen Staatsministerium des Innern für Frankenberg/Sa. die Verleihung der sonstigen Bezeichnung „Garnisonsstadt“ zu beantragen. Trotz Diskussionen vor dem Beschluss unterstützt der Stadtrat mit großer Mehrheit das Anliegen des Bürgermeisters. Hintergrund ist die mehr als 265-jährige Geschichte Frankenbergs als Garnison und die Einstufung der Stadt im Landesentwicklungsplan 2013 als Gemeinde mit besonderer Gemeindefunktion „Verteidigung“ als sichtbares und klares Bekenntnis zum Auftrag der Bundeswehr und Ausdruck der Verbundenheit der Frankenberger Bürger mit den Soldatinnen und Soldaten sowie zivilen Mitarbeitern der Wettiner Kaserne.
Die Bedeutung der Kaserne für die Stadt ergibt sich unter folgenden Gesichtspunkten:
- Historie
Bereits 1755 wurde in der Frankenberger Chronik von Christian August Bahn berichtet, dass erste Soldaten in der Stadt stationiert waren. Zwischen 1755 und 1913 waren temporär sächsische Truppen garnisonsartig in Frankenberg stationiert. Da noch keine Kasernenanlagen zur Verfügung standen, wurden die Truppen während dieser 160 Jahre in den Privaträumen der Bevölkerung untergebracht.
Mit der deutschen Reichsgründung am 18.01.1871 und der Rolle des Militärs als zentrales Element des neuen deutschen Reichspatriotismus, bemühten sich die Stadtoberen von Frankenberg um die Einrichtung einer Garnison in der Stadt. Am 11.02.1913 teilte der Sächsische Kriegsminister der Stadt Frankenberg mit, dass sie zur Einrichtung einer Garnison vorgesehen sei. Am 17.03.1913 ging von diesem (vorbehaltlich der Zustimmung durch den Deutschen Reichstag) die endgültige Zusage zur Errichtung einer Garnison in Frankenberg ein. Am 13.04.1913 lag der Reichstagsgesetzentwurf für die Errichtung der Frankenberger Garnison mit einem Gesamtfinanzaufwand von 2,9 Mio. Goldmark vor. Ab dem 04.07.1913 waren 23 Kasernengebäude im Aufbau. Am 01.03.1915 rückten die ersten 2.000 Soldaten in die neue Frankenberger Garnison ein.
1916 wurde die Unteroffiziersschule von Marienberg nach Frankenberg verlegt. Nach dem ersten Weltkrieg wurde die Kaserne als Wirtschaftsstandort genutzt, an dem sich 20 Industriebtriebe ansiedelten. Ab dem 01.07.1934 musste der gesamte Kasernenkomplex an die Reichswehr bzw. die spätere Wehrmacht rückübertragen werden. Im Zeitraum 1946 bis 1956 wurde die Gesamtanlage der Stadt zur zivilen Nutzung überlassen. Ab dem 01.03.1956 übertrug man die Frankenberger Militäranlagen an die Nationale Volksarmee der DDR. Aufgrund des am 03.10.1990 geschlossenen Einigungsvertrages wurde die Nationale Volksarmee zu diesem Zeitpunkt offiziell dem Bundesministerium für Verteidigung übergeben. In der Zeit bis 1992 investierte die Bundesrepublik Deutschland ca. 71 Mio. € in den Um- und Ausbau der nunmehrigen „Wettiner Kaserne“. Aktuell sind weitere 14 Mio. € für die Weiterentwicklung der Infrastruktur geplant.
- Frankenberg ist Gemeinde mit besonderer Gemeindefunktion (Verteidigung)
Der LEP 2013 weist unter dem Ziel 1.4.1 u.a. die Stadt Frankenberg/Sa. mit der besonderen Gemeindefunktion „Verteidigung“ aus.
Die Ausweisung erfolgt auf Grund des besonderen landespolitischen Interesses und unabhängig anderer Festlegungen. Damit wird eine langfristige Sicherung der Standorte angestrebt und ist zugleich Grundlage, die Standorte weiter zu entwickeln. In die Ausweisung sind für Frankenberg/Sa. die Standortübungsplätze (als Bestandsobjekte) Altenhain und Dittersbach eingeschlossen.
Der Regionalplan Chemnitz-Erzgebirge (2008) nennt das Ziel 13.1: auf die Sicherung der Standorte Verteidigung ist hinzuwirken.
Das Raumordnungsgesetz definiert die Ziele der Raumordnung als „verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherheit des Raumes;“ § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG. Im Ergebnis ist der Standort Verteidigung als verbindliches Ziel des Freistaates Sachsen für u.a. die Stadt Frankenberg/Sa. anzusehen, was die Verpflichtung zum Erhalt und der Entwicklung einschließt.
- Wirtschaftsfaktor
Die Bundeswehr ist als Wirtschaftsfaktor für die Stadt Frankenberg/Sa. und darüber hinaus für die gesamte Region von erheblicher Bedeutung. Die Bundeswehr ist größter Arbeitgeber in der Region und beschäftigt 900 Soldaten und 110 zivile Mitarbeiter. Für die Unternehmen und Handwerksbetriebe der Stadt und der Region ist der Standort zugleich auch ein wichtiger Auftraggeber. In den Jahren 2018 und 2019 wurden Aufträge mit einem Gesamtvolumen von ca. 2.000.000 € vergeben, wovon geschätzt ein Drittel in Frankenberg und Umgebung bleiben.
- Verbundenheit mit der Bevölkerung
Die Menschen in Frankenberg und der Region fühlen sich mit der Kaserne und den dort stationierten Truppen sehr verbunden. Die Verbundenheit zeigte sich sehr deutlich, als die Kaserne 2004 im Zuge der Reformierung der Bundeswehr vor der Schließung stand. Am 27. Oktober 2004 trafen sich über 1.500 Bürger zu einer Demonstration zum Erhalt der Wettiner Kaserne. Diese Demonstration wurde neben dem Stadtrat der Stadt Frankenberg/Sa von zahlreichen Mandatsträgern aller politischen Ebenen, einschließlich des Ministerpräsidenten, unterstützt. Auch aufgrund dieser breiten Unterstützung konnte die Wettiner Kaserne am Standort Frankenberg/Sa. erhalten bleiben.
Die Bundeswehr bereichert schon seit vielen Jahren das gesellschaftliche Leben der Stadt. Veranstaltungen wie das Adventskonzert des Luftwaffenmusikkorps sind feste Größen und sehr gut angenommene Highlights im kulturellen Leben der Stadt. Daneben gibt es zahlreiche Termine, die die Bundeswehr gemeinsam mit der Stadt durchführt und sich in der Bevölkerung etabliert haben. Hier sind beispielweise der Volkstrauertag oder der gemeinsame Umwelttag zu nennen.
Neben den bereits traditionellen Veranstaltungen unterstützt die Bundeswehr auch das städtische Vereinsleben. Neben Spenden an die Vereine, die im Rahmen des Adventskonzertes gesammelt werden, pflegt die Brigade auch Patenschaften.
- Unterstützung in Notlagen
Bedeutend ist auch die Unterstützung der Stadt durch die Soldaten der Bundeswehr in Notlagen. So konnten zum Hochwasser 2002 dank der Unterstützung durch die Truppe und den Einsatz von Militärhubschraubern und Booten Frankenberger Bürger aus ihren Häusern evakuiert und größere Schäden, insbesondere an Leib und Leben, verhindert werden.
2017 unterstützte die Truppe die Frankenberger Feuerwehr bei einem Brand in einem Pflegeheim. Bei diesem Einsatz mussten zahlreiche, zum Teil schwerstpflegebedürftige Bewohner evakuiert werden. Einige davon wurden übergangsweise in der Kaserne untergebracht und betreut.
Weiterhin wurde die Frankenberger Feuerwehr beispielsweise bei einem großflächigen Feldbrand im Jahr 2018 durch die Soldaten unterstützt. 2019 unterstützten über 50 Soldaten in der Region um Frankenberg die Bekämpfung des Borkenkäfers. 2015 stellte die Bundeswehr technische Unterstützung zur Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung.
- Bekanntheit der Stadt über Sachsens Grenzen hinaus
Die Wettiner Kaserne trägt in vielfältiger Weise mit ihren stationierten Truppen zur Steigerung des Bekanntheitsgrades der Stadt Frankenberg/Sa. bei. Die hier stationierten Soldaten kommen aus dem gesamten Bundesgebiet. Die Soldaten und deren Angehörige lernen bei Besuchen die Stadt Frankenberg/Sa., die Region Mittelsachsen und den Freistaat kennen. Ehemalige Soldaten der NVA besuchen die Stadt nach Jahrzehnten wieder, weil sie sich ihr verbunden fühlen. Zum Teil kannten Besucher der Landesgartenschau die Stadt nur durch ihren Wehrdienst in Frankenberg/Sa.
Ein großes und für die Region wichtiges Event ist der Tag der Bundeswehr. Bereits 2016 wurde diese Veranstaltung in Frankenberg/Sa. ausgerichtet und in diesem Jahr wiederholt. 2016 besuchten pro Tag zwischen 13.000 und 15.000 Menschen diese Veranstaltung. In diesem Jahr werden 20.000 Besucher pro Tag erwartet. Diese zweitägige Veranstaltung ist nicht nur wirtschaftlich für die Region von Bedeutung, sondern auch touristisch.
Pressestelle
Stadt Frankenberg/Sa.