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Stadtchronist
Herr Andreas Klöden

Beiträge zur Stadtgeschichte
30.06.2017 - Vor 300 Jahren - In Frankenberg wurde das neu errichtete Rathaus geweiht

Im Jahre 1450 kam es im sogenannten „Sächsischen Bruderkrieg“ zur vollständigen Zerstörung Frankenbergs. Dabei ging es um Auseinandersetzungen, die im Gefolge der Teilung der wettinischen Herrschaftsgebiete zwischen den Wettiner-Brüdern Herzog Wilhelm III. (der Tapfere) und Kurfürst Friedrich II. (der Sanftmütige) geführt wurden. Herzog Wilhelm III. hatte dabei den Böhmenkönig Georg von Podiebrad (1420 – 1471) um militärische Unterstützung gebeten. Dieser fiel von Böhmen kommend mit etwa 20 000 Soldaten im August 1450 in Sachsen ein. Am 17.08.1450 legten die verbündeten böhmischen Truppen Frankenberg und das Schloss Lichtenwalde in Schutt und Asche. Die meisten Gebäude Frankenbergs wurden zerstört und nur wenige Häuser blieben verschont. Selbst die Kirche scheint dabei vernichtet worden zu sein.

Frankenberg wurde offenbar schnell wieder aufgebaut. Der Grundherr Dittrich von Schönberg und seine mitregierenden Neffen Heinrich und Caspar haben 1457 Frankenberg das Stadtrecht verliehen und „einen Rath in Franckenberg eingesetzt und es anfangs gleichwohl an einem öffentlichen Rath-Hauß fehlte; So wurde die Raths-Versammlung über den Schwibbogen auf des Kirchhofs Thor-Hause gehalten,…. Nach Christian August Bahn, der die erste Chronik der Stadt Frankenberg im Jahre 1755 veröffentlichte, diente der damalige Überbau
(S c h w i b b o g e n, heute nicht mehr vorhanden) über die heutige Kirchgasse vom derzeitigen Stadtarchiv (damals erste Schule) zum gegenüberliegenden Gebäude, als erstes provisorisches Rathaus. Dieses Provisorium hat bis zum Jahre 1510 in dieser Funktion gedient. Max Kästner, der Altmeister der Frankenberger Geschichtsschreibung, berichtete im Jahre 1927 über Urkunden, die belegen, dass 1510 der Frankenberger Bürgermeister Nicol Lodichen von einem Nicol von Sczschassen „ein eignes Hauß gekauft und dahin das Rath-Hauß transferiert“ wurde. Dieses angekaufte Gut war eines von sechs

Anspännergütern Frankenbergs (an der heutigen Ecke Rathausgasse/Markt/Schloßstraße gelegen). Kästner definierte diese Anspännergüter als „größere Bauerngüter mit Pferdehaltung, die bestimmten kleineren Grundbesitzern, deren Grund und Boden ehemals zu diesen größeren Gütern gehörten, zu Anspännerdiensten verpflichtet waren“. Nach der o.g. Bahnschen Chronik „machte sich der Rath allhier das neue Rath-Hauß bald zu Nutze und verbesserte es in vielen Stücken, den An. 1526 wurden im Rathhause neben dem Wein-Keller die Fleisch-Bäncke (Fleischer-Verkaufsstände) gebauet, auch noch in eben diesem Jahre ein Seiger (alte Bezeichnung für Uhr) aufs Rathhauß geschafft“. „Anno 1675 ließ der Bürgermeister Christian Werner das alte Rathhaus einreissen und ein neues (an gleicher Stelle) aufbauen, welches der Bürgermeister Joh. Richter An. 1677 einweyhete“.

Am 02.06.1712 brach in Frankenberg der „große Stadtbrand“ aus. Innerhalb von drei Stunden wurden „270 Bürgerhäuser nebst Glockenturm der Kirche, die Knaben- und Mägdleinschule, die Pfarr- und Diakoni-Wohnung, das Rathaus nebst anderen Commungebäuden, in Asche gelegt“. Die Glocken im Turm der Stadtkirche schmolzen durch die Hitze des Brandes. Das Kirchengebäude selbst blieb unzerstört, was auf seine brandsichere Schiefereindeckung zurückgeführt wurde. Nur 91 Häuser der Stadt blieben von der Katastrophe einigermaßen verschont!

„So wurde An.1715 ein ganz neues (Rathaus an alter Stelle) aufgebauet und mit einem Thürmgen gezieret, der Seiger ist noch nicht restituieret, doch hängen im Thürmgen eine hellklingende Glocke, welche öffters vom Raths-Diener, der in der gleich daran stoßenden Fronfeste wohnet, gelautet wird“.

Am 01.11.1716, also vor 300 Jahren, wurde dies neu erbaute (alte) Rathaus mit einer Ratssitzung wieder eingeweiht. Trotzdem kam C. A. Bahn zur Einschätzung, dass „das jetzige Rath-Hauß dem vorigen, an Schönheit und Größe und anderen Stücken nicht gleich“ kam.

Im Erdgeschoß befanden sich die „Königl. und Churfürstl. General-Accise“ (Finanzamt) und eine Schankwirtschaft für Wein und Bier. „Im ersten Stockwerk ist rechter Hand eine schöne große Stube (Ratssaal), darin E. E. Rath Session hält, und das Archiv verwahret, linker Hand aber eine Kammer, allwo der allhier stehende Capitain vom Creyß-Regimente das zu seiner Compagnie gehörige Gewehr und Mondirung-Stücken verwahrlich aufbehält.“

Insgesamt 353 Jahre hat das Gebäude an der heutigen Ecke Rathausgasse/Markt/Schloßstraße der Stadt Frankenberg als Rathaus gedient. Wegen seiner Baufälligkeit wurde es 1863 zum Abbruch verkauft. In einem Neubau an gleicher Stelle eröffneten am 22.11.1864 Carl Gottfried Seidel und Carl Friedrich Kurth in diesem „alten Rathaus“ eine Schankstätte, die kurz Zeit später von Carl Seidel allein weitergeführt wurde. Nach ihm erhielt sie den volkstümlichen Namen „Seidelei“.

Am 05.12.1860 kaufte die Stadt Frankenberg das „Friedrichsche Haus“ am Markt zur Errichtung des noch heute arbeitenden Rathauses. Mit einem Gesamtaufwand (einschließlich des Kaufpreises) von 75 000 Goldmark wurde das Gebäude zum Rathaus umgebaut und am 04.09.1873 eingeweiht.

 

Dr. Bernd Ullrich
Stadtchronist