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Stadtchronist
Herr Andreas Klöden

Beiträge zur Stadtgeschichte
30.09.2022 - Das „Jahrhunderthochwasser“ im August 2002

Im August 2022 wurde an die dramatischen Ereignisse von damals erinnert, denn die Jahrhundertflut jährte sich zum 20. Mal. Bedingt durch eine sogenannte Vb- Wetterlage, also ein aus West- und Mitteleuropa kommendes, sich über dem Mittelmeer nach Osten und Nordosten bewegendes Tiefdruckgebiet, begann es am 11. August 2002 in Sachsen zu regnen. Nur ganz wenige Wetterexperten ahnten zu diesem Zeitpunkt, was da auf den Bundesstaat zukommen könnte und schlugen Alarm. Sie sollten Recht behalten. Was da auf Sachsen herabregnete, hatte mit normalem Niederschlag nichts mehr zu tun. In den nächsten 24 Stunden kam es im Freistaat zu der mit 312 mm Regensumme zur höchsten Niederschlagsmenge seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. (Messwert Zinnwald- Georgenfeld)

Aus den Kammlagen des Erzgebirges ergossen sich riesige Wassermassen in Bäche und Flüsse. Diese Flut wurde verstärkt durch den flächendeckenden Starkregen im Rest Sachsens. Talsperren, einst erbaut zum Schutz vor solchen Wassermassen begannen sich schnell in einem Maß zu füllen, dass man zusätzlich Wasser in die Fließgewässer abgeben musste, um einen Bruch oder unkontrolliertes Überlaufen der Sperren zu verhindern. An einigen Stellen schrammte man so nur ganz knapp an einer noch größeren Katastrophe vorbei. Erinnert sei nur an die Situation an der Talsperre Kriebstein.

Am 12. August 2002 erging ein Fax des Staatlichen Umweltfachamtes an alle betreffenden Stellen, mit welchem die Hochwasseralarmstufe 4, also die Katastrophenabwehr, ausgerufen wurde. Der Frankenberger Krisenstab trat um 13.00 Uhr zusammen und nahm seine Arbeit auf. 20.18 Uhr rief das Landratsamt Mittweida den Katastrophenalarm aus. Die ersten Rettungsmaßnahmen seitens der Kameraden der FFW Frankenberg erfolgten 17.00 Uhr. Einen Tag später wurde die Frankenberger Innenstadt für den Verkehr gesperrt. Die dafür erforderlichen Durchsagen an die Bevölkerung wurden durch Polizeikräfte per Lautsprecher getätigt, da bereits am Tag vorher fast im gesamten Stadtgebiet der Strom bis zum 15. August ausfiel.

Entlang der Zschopau, von Ortelsdorf bis Sachsenburg waren unzählige Menschen von den Wassermassen eingeschlossen und mussten durch Kräfte der Bundeswehr und des damaligen BGS per Hubschrauber gerettet werden. Die geretteten Bürger wurden in die Turnhalle der Neubauschule gebracht und erhielten dort erste Hilfe und Unterstützung durch die anwesenden Rettungskräfte.

Betroffen waren vorrangig Häuser und Hofstellen, die sich „unterhalb“ der ursprünglichen Bebauung aus befanden. Ein Beispiel, an der östlichen Scheune der Hofstelle Vogelsang, heute „Bunte Kuh“, stand das Wasser bis circa 5 m an das Tor.

Gegen 13.15 Uhr wurden an diesem 13. August die letzten Personen, das Personal des Landhotels am Dammplatz, geborgen. An dieser Stelle wurde am nächsten Tag ein Wasserstand  von 2,40 m gemessen.

In der Sitzung des Krisenstabes der Stadt Frankenberg wurde am 14. August 2002 der Schwerpunkt auf die mit dem Rückgang des Hochwassers zu bewältigenden Aufgaben Schadensaufnahme und der Einleitung von Entsorgungsaktionen gelegt. Schwerpunkt waren hierbei Wohnhäuser und Betriebe entlang der B 169 in Gunnersdorf.

Mit dem Absinken des Wasserspiegels wurde das Schadensausmaß erst vollumfänglich sichtbar. So war das Gebäude der ehemaligen Gaststätte „Wiesengrund“ durch Ölschlamm verseucht. Um ein ungestörtes Vorgehen zu gewährleisten, versperrte man Ortsfremden seitens des Ordnungsamtes die Zufahrt über die B 169 auf Höhe Zschopaubrücke. Davon betroffen waren allerdings auch Bewohner von Ortelsdorf.

Entlang der Bundesstraße 169 wuchsen mit Beginn der Aufräumungsarbeiten riesige Müllberge. Der gesamte Müll wurde schließlich bis zum Abtransport auf dem Dammplatz zwischengelagert.

Zieht man eine Bilanz der Katastrophe, muss eindeutig gesagt werden und das bei allen materiellen Verlusten, es gab keine Toten oder Schwerverletzte. Der materielle Schaden allerdings, war riesig.

Zerstört wurden die Hängebrücke Sachsenburg, ein Teilstück der Hermann-Fischer-Straße, der Durchgang Schilfteich unter der BAB 4, diverse Wege, Dämme sowie fast alle Uferlagen entlang der Zschopau.

Von Zerstörungen betroffen waren vor allem auf Gunnersdorfer Flur Hermann-Fischer-Straße und Gunnersdorfer Straße, Gunnersdorfer Weg und der Sandweg. Von Zerstörungen und Schlamm betroffen waren der Gasthof „Wiesengrund“, die Firmen OZF, SWAP sowie das Barkasgelände. In der Stadt Frankenberg selbst waren betroffen die Chemnitzer- und Äußere Chemnitzer Straße, Auenweg, die Umgehungstraße, Fabrikstraße, Seilergasse, Leopoldstraße, Schuhmachergasse, Wassergasse, die Mühlenstraße im unteren Bereich, der Baderberg, Carolastraße, Dammplatz, Am Damm, Klingbach, Merzdorfer Straße sowie die Schlachthofstraße. Das Gelände der Firma FMA und des ehemaligen Tischdeckenwerkes waren hier überflutet. Etwa 100 Keller mussten ausgepumpt werden und in 20 Fällen musste auslaufendes Heizöl beseitigt oder dessen Tanks gesichert werden.

Im Gebiet der Stadt Frankenberg wurden 36 Bürger zunächst obdachlos, 1300 bis 1400 Bürger waren von den Hochwasserfolgen direkt betroffen. Infolgedessen wurden 200 Anträge zur Schadensbeseitigung gestellt.

An der Bekämpfung des Hochwassers und seiner direkten Folgen waren neben den Kameradinnen und Kameraden der FFW Frankenberg und der Ortswehren aus anderen Orten beteiligt. Sogar die FFW Mittweida beteiligte sich, obwohl ihre Heimatstadt auch betroffen war, mit einem Schlauchboot an der Menschenrettung im Ortsteil Gunnersdorf. Zusätzlich beteiligten sich Kräfte der FFW Hartmannsdorf an der Beseitigung der Ölschäden im Gasthof „Wiesengrund“. Ab dem 13. August waren Bundeswehr und BGS, das THW, die SEG des DRK- Ortsverbandes Hainichen, Kräfte der Polizei und der Bereitschaftspolizei aus Chemnitz und unzählige freiwillige Helfer im Einsatz.

Der finanzielle Gesamtschaden für unsere Stadt belief sich auf etwa 36 Millionen Euro.

In der darauf folgenden Zeit sprach man überall vom „Jahrhunderthochwasser“, also einem Ereignis was nach menschlichen Ermessen, wenn überhaupt, aller 100 Jahre vorkommt. Leider dauerte dieses „Jahrhundert“ nur 11 Jahre.

Fotos: Archivbilder Stadt Frankenberg/Sa.

Andreas Klöden
Ortschronist