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19.03.2024 - Treff der Generationen - Interview Taka-Tuka-Land

Das Taka-Tuka-Land wird 40 Jahre! Seit nunmehr 4 Jahrzehnten werden in den Räumlichkeiten der ehemaligen Kinderkombination Mühlbacher Straße in Frankenberg Kinder betreut, Tränchen getrocknet, zusammen gelacht, die Welt entdeckt und wichtige Fragen beantwortet.

Viele Kinder und Erzieher gingen seitdem ein und aus und machten das Taka-Tuka-Land mehr oder weniger zu der KiTa, die sie heute ist. Doch wie war das damals vor 40 Jahren genau? Wie wurde die Eröffnung gefeiert und welche Herausforderungen gab es? Was hat sich seitdem verändert? Und was könnte man denn einer Kita, welche schon seit 40 Jahren Kinder ein Stück ihres Weges begleitet, wünschen? Diesen und weiteren Fragen konnten in einem Interview am 07. März 2024 mit den ersten zwei Leiterinnen Frau Rosi Schulz (Leitung Kindergartenbereich) und Frau Ingrid Teichler (Leiterin Krippenbereich) sowie Frau Katharina Grimm als eine Erzieherin der ersten Stunde mit dem derzeitigen Leitungsteam Frau Christine Höbel und Frau Maria Walbe nachgegangen werden.

Wir bedanken uns nochmal sehr für die Zeit und die Möglichkeit, diese wertvollen Erfahrungsberichte zum 40-jährigen Bestehen aufleben zu lassen.

 

Frau Walbe:

Wir war es damals, als die Kinderkombination eröffnet wurde?

 

Frau Schulz:

Die Eröffnung vor 40 Jahren am 12. März war für uns alle sehr aufregend, aber wir waren auch sehr stolz, da es damals die schönste und modernste Einrichtung war. Am 24. März war dann die offizielle Übergabe mit einem kleinen Programm, aber da waren wir schon komplett im Betrieb. Jeder wollte hier her, vor allem auch die Kinder, aber das wurde damals ganz streng von der Stadtverwaltung reguliert. Nur wer hier im Gebiet wohnte, durfte hier her. Es musste viel Vorarbeit geleistet werden. Ich hatte alle Eltern zu einem Vorgespräch eingeladen, damit am 12. März alles reibungslos ablief. Es war viel Stress, da bis zum letzten Tag die Gewerke im Haus waren und alles sauber gemacht werden musste. Es war bis zum letzten Moment Druck. Am 12. März habe ich dann früh um 6 Uhr die ersten Eltern am Eingang empfangen und beglückwünscht. Aber es war sehr viel Stress, für alles verantwortlich zu sein und Druck von allen Seiten.

 

Frau Grimm:

Ich weiß noch, ich durfte mein Kind am Eröffnungstag 5:50 Uhr abgeben, da alle Mitarbeiter um 6 Uhr an der Eingangstür Spalier gestanden haben.

 

Frau Teichler:

 

Kindergarten- und Krippenbereich waren damals auch getrennt, da hatten wir unterschiedliche Aufgaben. Ich war für das pädagogische Arbeiten im Krippenbereich zuständig

 

Frau Schulz:

Und ich war verantwortlich für den Kita-Bereich und das technische Personal, was auch 18 Mitarbeiter umfasste.

 

Frau Walbe:

Wurde die Eröffnung an dem ersten Tag besonders gefeiert?

 

Frau Schulz:

Eigentlich nicht. Der Betrieb musste erstmal sichergestellt werden und deswegen fand erst offiziell am 22. März, als alles etwas zur Ruhe gekommen ist, eine feierliche Eröffnung statt. Wir haben im Kindergartenbereich mit 8 Gruppen nach der Eröffnung angefangen und in den nächsten Wochen haben wir das auf 11 Gruppen ausgeweitet.

 

Frau Teichler:

 

Der Kreisschulrat hatte damals gesagt, die Kindereinrichtung wird eröffnet, aber an dem Standort, dem Neubaugebiet, überaltern die Menschen und die Kita wird eines Tages nicht mehr bestehen. Es ist aber so gekommen, dass die Einrichtung bestehen bleibt und die Schönste ist.

 

Frau Walbe:

Wie war die Reaktion der Bevölkerung, als die Einrichtung eröffnet wurde?

 

Frau Schulz:

Es war damals die modernste Einrichtung. Es kamen viele Delegationen aus Tschechien, Polen und hier aus dem Kreis und haben sich alles angeguckt. Dann wurden hier auch Programme von den Kindern aufgeführt. Die Kita war schon ein Vorzeigeobjekt.

 

Frau Grimm:

In den ersten Wochen hatten wir ein bisschen mit dem Vorurteil zu kämpfen, dass in so einer großen Einrichtung viel Stress und Hektik herrscht und die Kinder drunter leiden, aber ich hab es die ganzen Jahre bei unserer Elternschaft eine große Zufriedenheit gespürt.Da können wir uns an keine offizielle Beschwerde erinnern. Es lief alles geordnet.

 

Frau Walbe:

Durften Sie beim Bau damals mitentscheiden und Wünsche äußern?

 

Frau Schulz:

 

Nein. Da gab es einen stellvertretenden Schulrat vom Rat des Kreises, der für die baulichen Sachen verantwortlich war und der hat hier alles geleitet. Da hatten wir kein Mitspracherecht. 

 

Frau Höbel:

Und wie war das mit der konkreten Ausstattung der Räumlichkeiten geregelt?

 

Frau Teichler:

 

Wir wurden vor der Eröffnung mehrere Monate freigestellt und durften Bestellungen für die Einrichtung tätigen. Das haben wir dann gemacht. Da hatten wir freie Hand und haben damals auch viel zu viel bestellt. Ganz viele Strampler, Bettwäsche, Lätzchen und Windeln. Wir mussten da an alles denken. Und dann haben wir vor der Eröffnung noch mit geholfen, alles sauber zu machen.

 

Frau Schulz:

Ich war auch ein Jahr vorher freigestellt, um alles einzukaufen. Töpfe für die Küche, Bettwäsche, und vieles mehr. Dann wurde noch viel von staatlicher Seite geliefert, dass wir ganz viel doppelt und dreifach hatten. Es war alles reichlich da. Ich kann mich nicht erinnern, dass da irgendwas gefehlt hat.

 

Frau Grimm:

Das hat mir immer sehr imponiert. Wenn man von einer anderen Einrichtung hier her kam war alles da, von Beschäftigungsmaterial, Malzeug und vieles mehr. Das einzige was fehlte, waren Schränke. Die Räume waren auch relativ groß und sehr hellhörig.

 

Frau Walbe:

Wie haben Sie die ersten Wochen in der Kinderkombination erlebt? Wie war damals der Kindergartenalltag?

 

Frau Schulz:

Manche hatten Vorurteile, weil wir so eine große Einrichtung waren, aber durch die Einteilung in Gruppeneinheiten, also immer zwei Gruppen, war kein Krach in dem Gebäude. Es waren wie mehrere kleine Dorfkindergärten in einem Haus.

 

Frau Grimm:

Viele haben gedacht, dass sie ihr Kind nicht in so eine große Einrichtung schicken wollen, aber durch die Einteilung habe ich die ganzen Jahre nicht erlebt, dass Eltern sich beschwert hätten oder Stress und Hektik wahrzunehmen war. Das war wie eine abgeschlossene Einheit.

 

Frau Schulz:

Wir als Leitungskräfte hatten damals auch viele Termine. Es war ein straffer Zeitplan. Jede Woche waren Veranstaltungen.

 

Frau Teichler:

Dienstags und donnerstags kamen auch immer die Ärzte in den Krippenbereich zum Impfen. Da hatten wir auch die Verantwortung, dass die Kinder geimpft wurden. Es gab sogar ein medizinisches Zimmer. Die Erzieher haben immer das Beste gegeben. Es waren immer zwei Erzieher in den Kitagruppen mit jeweils 18 Kindern und manchmal auch 21. In der Krippe waren 2 Erzieher für 21 Kinder zuständig. Wir haben damals in der Säuglingsabteilung für einige Kinder unter einem Jahr Fläschchen geben, Brei gefüttert. Wir hatten auch mal ein 6 Wochen altes Kind in der Betreuung, die meisten Kinder waren knapp 1 Jahr alt.

 

Frau Walbe:

Und wie war damals so ein typischer Tag im Kita-Bereich?

 

Frau Schulz:

Durchorganisiert. Wir hatten unseren Bildungs- und Erziehungsplan, da war die ganze Woche geplant.

 

Frau Grimm:

Klar war das manchmal stressig für die Kinder mit diesem straffen Plan. Entweder ist man rausgegangen in der nicht durchgeplanten Zeit oder die Kinder konnten spielen. Beides zusammen hast du nicht geschafft. Damals waren auch alle Kinder gleich zum Frühstück da, weil die Eltern alle arbeiteten. Da begann der straffe Tagesablauf: Körperpflege, 1. Tagesbeschäftigung, dann Pausengestaltung, wo die Kinder nur das Pausenspielzeug nehmen durften, dann die zweite Beschäftigung und dann entweder rausgehen oder spielen.

 

Frau Walbe:

Was war in dem ersten halben Jahr nach der Eröffnung Ihrer Meinung nach besonders herausfordernd?

 

Frau Schulz:

Die Erzieher waren damals alles junge Kolleginnen mit Kleinkindern. Da fielen die Kollegen durch kranke Kinder sehr häufig aus. Das war die Herausforderung: Den Betrieb der Kita trotz Personalmangel sicherzustellen. Auch bei Schwangerschaft der Kolleginnen. Da mussten wir die Kinder häufig aufteilen, was viele Kinder als nicht schön bewertet hatten. Aber das war leider an der Tagesordnung. Auch das technische Personal fiel aufgrund der genannten Gründe häufig aus.

 

Frau Teichler:

In der Krippe waren es ähnliche Schwierigkeiten.

 

Frau Grimm:

18 Kinder waren sowieso schon in einer Gruppe und diese Kinder waren aufgrund der Arbeitstätigkeit der Eltern auch konstant da. Da kamen dann noch 3-4 Aufteilkinder dazu, da war manchmal im Gruppenraum kein Stuhl mehr frei. Aber das ging trotzdem irgendwie und es war trotzdem schön.

 

Frau Schulz:

Mir war es immer wichtig, dass die Kollegen gerne auf Arbeit kommen. Denn nur wer gerne auf Arbeit kommt, arbeitet auch gut.

 

Frau Höbel:

Da stimme ich Ihnen vollkommen zu. Ich denke, dieses Klima hat sich auch bis heute durch das Taka-Tuka-Land durchgezogen. Wenn Spannungen oder ungelöste Konflikte bei den Erziehern im Raum stehen, beeinflusst das oft auch auf die Arbeit mit den Kindern. Das kann man auch Leitung auch ein Stück weit begleiten. Vor allem bei den ganzen Herausforderungen, die die Erzieher meistern müssen, funktioniert das nur, wenn die Erzieher gesund und stabil sind.

 

Frau Grimm:

Ich glaube das ist in dieser Einrichtung schon die ganzen Jahrzehnte durchweg so positiv. Auch die neuen Kollegen, welche in das bestehende Team gekommen sind, haben es hier als sehr angenehm empfunden.

 

Frau Walbe:

Haben Sie in der Kitalandschaft im Vergleich zu heute Veränderungen in den letzten 40 Jahren bemerkt?

 

Frau Grimm:

Früher war alles sehr durchorganisiert, heute soll man die Kinder viel „laufen lassen“, aber da kann man auch einen guten Mittelweg finden zwischen geplanten Tätigkeiten und freien Zeiten. Man ist heutzutage auch nicht mehr an feste Zeiten gebunden, sondern es gibt die Möglichkeit aus der Situation heraus zu entscheiden, was gerade passt oder eben nicht. Das hätte man früher nicht machen können. Viele Inhalte aus dem alten Bildungsplan finde ich trotzdem noch sehr wertvoll, da diese viele Beispiele enthalten und einen Überblick über wichtige zu erwerbende Fähigkeiten, wie Mengenlehre oder Muttersprache, sodass man nichts vergisst. Damals hatte man nur keinen Bezug der Inhalte zu den Erlebnissen und Interessen der Kinder, heutzutage schon.

 

Frau Schulz:

Jede Kindergärtnerin musste schon immer flexibel sein. Das war schon immer so. Nach der Wende war es so, dass in der Kita die Gruppen altersgemischt betreut werden mussten, damit die Kinder voneinander lernen. Das haben wir damals nicht gekannt und es wurde so angeordnet. Da musste ich mich dran gewöhnen.

 

Frau Teichler:

Manche Eltern wollten das auch gar nicht oder haben es rückblickend als nicht förderlich für die Entwicklung des eigenen Kindes eingeschätzt. Da ist eben jedes Kind anders.

 

Frau Walbe:

Was waren so Ihre persönlichen Highlights hier im Taka-Tuka-Land?

 

Frau Schulz:

Unsere schönen Feiern fürs Personal! Das waren die Highlights! Da wird heute noch davon geschwärmt. Die Kollegen haben das selber vorbereitet und das hat dann auch den Zusammenhalt gestärkt.

 

Frau Grimm:

 

Die Weihnachtsfeiern waren legendär!

Frau Teichler:

Für mich bleibt noch in Erinnerung, dass nach der Wende einige Einrichtungen in der Stadt zugemacht wurden und viele Kollegen wurden umgesetzt. Das war eine sehr turbulente Zeit. Viele mussten gehen, andere durften bleiben. Es gab eine große Entlassungswelle. Das Team musste sich neu finden. Die Zeit war schlimm.

 

Frau Schulz:

Keiner wollte aus den anderen Einrichtungen her kommen, die Eltern nicht, die Erzieher nicht. Wer möchte schon aus der eigenen Einrichtung schon plötzlich woanders hin? Das hätte ich auch nicht gewollt. Die Einzigen, die hier her wollten, waren die Kinder. Es gab Stress ohne Ende. Das war die schlimmste Zeit in den ganzen Jahren.

Frau Walbe:

Was wünschen Sie dem Taka-Tuka-Land zum 40. Geburtstag?

 

Frau Teichler:

Das alles so positiv weiterläuft, wie es aktuell ist, und die gute Leitung, die seit fast 20 Jahren besteht, dass sie das weiterhin so gut im Griff hat. Sie hat sehr viel Aufschwung hier gebracht. Mit der Leitung steht und fällt alles. Da wünschen wir, dass das weiterhin so gut geht.

 

Frau Walbe:

Gibt es noch einen guten Rat, den Sie uns noch mit auf den Weg geben können?

 

Frau Schulz:

Wichtig für eine positive Entwicklung ist, dass sich alle wohlfühlen, Kinder wie Personal.

 

Frau Grimm:

Die materiellen Dinge sind ja alle vorhanden. Also kann man bloß über das Personal die Arbeit positiv gestalten und dann fühlen sich auch die Kinder wohl.

 

 

Das Interview führten das Leitungsteam des Taka-Tuka-Landes, Frau Walbe und Frau Höbel.