Sandra Saborowski, Bildungsmanagerin
Markt 15
09669 Frankenberg/Sa.
Tel.: + 49 37206 64 - 1112
E-Mail:
s.saborowski@frankenberg-sachsen.de
Eine kursächsische Postmeilensäule ist ein Meilenstein, der Entfernungen und Gehzeiten bis auf eine „Achtelstunde“ genau angibt.
Der Sächsische Kurfürst August der Starke (1694-1733) erkannte die besondere wirtschaftliche und militärische Bedeutung eines gut ausgebauten und markierten Straßensystems zum schnellen und sicheren Transport von Personen, Gütern, Postsachen und Truppen in seinem Land. Er befahl zunächst, dass die Kommunen Sachsens auf ihre Kosten „neue Straßen zu bauen und alte zu verbessern“ hatten. Am 18.06.1695 legte er zusätzlich fest, „daß gewiße Meilensäulen gesetzet werden“. Auf die Proteste der Städte gegen ihre hohen finanziellen Belastungen durch diese Festlegungen wies der Kurfürst einfach an, dass die betroffenen Kommunen zur Abdeckung der Aufwendungen, kommunale Steuererhöhungen festlegen konnten.
Grundlage für die Einführung der sächsischen Postmeilensäulen bildeten die kartografischen Arbeiten des Pfarrers Adam Friedrich Zürner aus Skassa. August der Starke war auf Zürner aufmerksam geworden, nachdem dieser eine Detailkarte der Stadt Großenhain angefertigt hatte. Am 12.04.1713 erteilte der Kurfürst Zürner den Auftrag, „Aemter samt denen darinnen befindlichen Herrschaften, Rittergütern, Städten, Dörfern und dergleichen mehr in mappas geographicas zu bringen“. Dies bedeutete die topografische Detailerfassung aller kursächsischen Gebiete und stellte ein Lebenswerk für Zürner dar. Dazu konstruierte er zunächst einen Messkarren und dann eine Messkutsche, deren Messrad einen Umfang einer Dresdner Rute (4,531m) besaß. Jede Umdrehung des Messrades wurde mittels einer Kette an ein Zählwerk übergeben. Dazu hatte Kurfürst August am 17.03.1722 die Vereinheitlichung verschiedener Distanzmaße zur Kursächsische Postmeile eingeführt (1 Postmeile = 2 Wegstunden = 2 000 Dresdner Ruten = 9,062 Kilometer). Der Kurfürst nahm durch eigenhändige detaillierte Entwürfe persönlich Einfluss auf die Gestaltung der Postsäulen.
Im November 1721 ging beim Rat der Stadt Frankenberg der kurfürstliche Befehl zur Errichtung von drei Postsäulen an jedem der drei Ortseingänge der Stadt ein. Die finanzaufwendige Auflage des Landesherren traf Frankenberg in einer sehr ungünstigen Zeit. Am 02.06.1712 war Frankenberg von einem großen Stadtbrand heimgesucht worden, „dadurch dreyhundert wohlgebaute Heußer mit denen Hinter-Gebäuden…..sampt dem Kirchturm, Pfarre, Diakonat-Wohnung, Schuhle u.s.w. in Asche geleget wurden“. Bald kam Zürner nach Frankenberg und „nahm die durch Frankenberg gehenden Passagen“ in Augenschein. Die finanziellen Sorgen Frankenbergs verstehend, fügte Zürner dem Bittbrief der Stadt eine Befürwortung bei, aus Kostengründen nur eine Postdistanzsäule mit Standort am Marktplatz zu genehmigen. Dieses Anliegen wurde erfüllt. Im März 1725 erschien Zürner erneut in Frankenberg um den genauen Standort der Postmeilensäule am Marktplatz der Stadt zu bestimmen. Sie sollte „ 20 ½ Ellen vom Rathaus und 24 ½ Ellen von dem Hause von Johann George Schmidts Witwe“ errichtet werden. Am 24.07.1725 mahnt Zürner die Errichtung der Frankenberger Postmeilensäule schriftlich an. Er erfährt, dass sich der Frankenberger Rat nicht an Absprachen gehalten und ihn auch noch für Verzögerungen verantwortlich gemacht hatte. Zürner schrieb am 31.07.1725 einen bösen Brief an die Stadtväter Frankenbergs „so behehlt man sich wegen obiger ohnbegründeten falschen Beschuldigung nicht nur eheste und genaueste Untersuchung und billige Satisfaction bevor, sondern man wird auch nunmehro die bisherige Saumseligkeit…hohen Ortes zu schwerer Verantwortung einzuberichten, nicht länger anstehen können.“ Als er wieder nichts von der Frankenberger Postmeilensäule hört, schreibt Zürner am 06.05.1726 einen neuen Brief nach Frankenberg und erbittet „eheste Nachricht, wie weit es mit obenwehnter Seulen Setzung kommen“ sei. Unter diesen Mahnbrief vermerkt offenbar ein städtischer Beamter Frankenbergs „Die Seule stehet nunmehro fast auf ein gantzes Jahr, wird wohl so stehen bl(eiben)“. Damit muss die Frankenberger Postmeilensäule im Jahre 1725 errichtet worden sein. Um 1820 zog die Säule aus Platzgründen in die Altenhainer Straße um. Nachdem sie dort wieder im Wege stand, wurde sie 1871 an den Standort am Kirchplatz verlegt. Der Zustand des technikhistorischen Denkmals verschlechterte sich in den 60iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zunehmend. Der Frankenberger Bildhauer Hermann Thiel jun. stellte 1969 eine originalgetreue Kopie der historischen Postmeilensäule auf eigene Kosten her. Am Kirchplatz stand sie bis zum Jahre 1973 und fand dann zum ersten Standort am Frankenberger Marktplatz zurück.
Von den ursprünglich etwa 300 Distanzsäulen sind heute noch etwa 200 im Original oder als originalgetreue Kopien erhalten.
Dr. Bernd Ullrich
Stadtchronist
Kunst: Hermann Thiel, Rocjlitzer Porphyrtuff, 1969